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Fitness Tracker Ring im Test: Wenn dir ein Gadget sagt, wie du dich fühlen sollst

Aktualisiert: 26. Feb.


genervtes Gesicht - Auswertung Fitness Tracker Ring

Inhalt:


 

Ich habe mich jahrelang geweigert, einen Schrittzähler zu tragen. „Bringt doch eh nichts“, dachte ich. Und dann erinnerte ich mich an einen Ring, von dem ich vor vier Jahren gehört hatte...


Ich kam, sah und kaufte.

Ein smarter Ring, der alles misst: Schlaf, Stress, Herzratenvariabilität (HRV), Erholung, Aktivität... Klingt nach einem Traum für jemanden, der wissen will, wie es wirklich um die eigene Gesundheit steht. Ich wollte harte Daten, keine vagen Vermutungen. Endlich schwarz auf weiß sehen, wie mein Körper funktioniert – und gezielt gegensteuern, wenn etwas nicht stimmt.

Tja. Nach drei Wochen kann ich sagen: Ich habe jetzt Daten. Und eine Menge Wut.


Der Fitness Tracker Ring sagt: Du bist top. Mein Körper sagt: Echt jetzt?


Laut meinem digitalen Gesundheitscoach bin ich in ausgezeichneter Verfassung: ✅ Fitness: top. ✅ HRV: top. ✅ Resilienz: hervorragend – besser geht’s nicht. ✅ Entspannung: optimal.


Und jetzt rat mal, wie ich mich fühle? Gar nicht top.


Ich wache gerädert auf, lese in der App, dass mein Schlaf perfekt war – und könnte lachen. Oder heulen. Ich bin müde, ausgelaugt, aber laut Tracker sollte ich heute sportliche Höchstleistungen vollbringen.


Mein Schlaf soll sich angeblich verbessert haben – obwohl ich absolut nichts an meinem Schlafverhalten geändert habe. 

Die App misst REM-Schlaf, Tiefschlaf und leichten Schlaf und Wachzeiten – alles in super Werten. Ich stehe trotzdem wie gerädert auf.


„Kardiovaskuläres Alter: 8 Jahre jünger!“ – Na, dann kann ich ja beruhigt sterben.

„Ausdauerleistungsfähigkeit: Spitzenwert!“ – Ach ja? Sag das mal meinen Beinen nach dem letzten Sport.

„Stress? Kaum vorhanden!“ – Interessant. Ich bin kurz davor, dieses Ding aus dem Fenster zu pfeffern.


Wenn ein Gadget dich an deiner Wahrnehmung zweifeln lässt


Klar, objektive Werte können hilfreich sein. Aber was passiert, wenn dein Körper und die Technik zwei völlig unterschiedliche Geschichten erzählen?

Ich fühle mich müde – das Ding sagt, ich sei top erholt.

Ich fühle mich gestresst – das Ding sagt, ich sei tiefenentspannt. Oder ich fühle mich tiefenentspannt - das Ding sagt, ich sei gestresst und soll auf mich aufpassen.

Ich liege seit zwei Stunden wach – und bekomme den Vorschlag, die Beine zu vertreten.


Ok. Ich übernehme die Technik. Ich glaube ihr, vertraue den Messwerten, lasse mich darauf ein. Und dann funkt mein Körper dazwischen und sagt: „Ähm, nein.“

Mein Kopf erzählt mir eine Menge Geschichten. Den ganzen Tag. Zahlen, Werte, Analysen – alles schön und gut. Aber kann mein Körper lügen?


Ich schneide vielleicht im Vergleich zu meiner Altersgruppe super ab. Aber ich vergleiche mich nicht mit irgendeiner Statistik.


Ich vergleiche mich mit mir selbst. Und mir selbst vor 20 Jahren.

Und dieser Vergleich fühlt sich ganz anders an als das, was mir da als „Optimum“ verkauft wird.


Die App labert mich mit Allerwelts-Blabla zu


Jeden Tag eine neue Weisheit:

👉 „Dein Schlaf-Zeitplan wird immer regelmäßiger! Darauf kannst du stolz sein!“ – Äh, nein. Ich habe absolut nichts verändert.

👉 „Bleib dran! Du hast sehr darauf geachtet, einen konstanten Schlaf-Zeitplan einzuhalten!“ – Habe ich nicht.

👉 „Überlege, wie du vom Stress in die Entspannung gekommen bist, um das zu wiederholen.“ – Oh, wie wäre es, wenn ich mir einfach keinen Stress über diesen Unsinn mache?


Und dann die Krönung:

„Hülle dich ganz in deine Gesundheit ein.“

Äh, wie bitte? Ich soll mich in meine Gesundheit einhüllen? Also wenn ich das nächste Mal wie gerädert aufwache, hülle ich mich in meine „optimale Tagesform“ ein und hoffe auf ein Wunder?

Nein, danke.


Wut auf ein Gadget – und was ich daraus lerne


Und dann passiert etwas, das mich wirklich stutzig macht: Ich ärgere mich. Richtig. Kräftig.


Nicht über die 30 Euro Versandkosten. Nicht darüber, dass ich drei Wochen mit einem überflüssigen Tracker rumgelaufen bin.


Nein, es ist die Dreistigkeit, mit der mir dieses Ding meine eigene Wahrnehmung abspricht.


Ich meine: Ein Gadget für 399 Euro sagt mir, wie ich mich fühlen soll?


Und genau das ist der Punkt, an dem ich mir denke: Wow. Vielleicht sollte ich mal selbst drauf schauen, was hier gerade passiert.


Ich habe mich von einem technischen Gerät so triggern lassen, dass ich mich ernsthaft aufrege.

Über eine App.

Über ein paar Zahlen auf dem Display.


Vielleicht sollte ich an dieser Stelle mal meinen eigenen Artikel über Gelassenheit lesen. (Den habe ich noch nicht fertig, bin halt gelassen.)

Diesen Artikel zur Kontrolle werde ich auf jeden Fall noch mal lesen.



Fazit: Der Feind am Finger muss weg


Ich wollte ein Gadget, das mir hilft, meine Gesundheit besser zu verstehen. Stattdessen habe ich ein Gerät bekommen, das mich regelmäßig zur Weißglut treibt, mir für mich falsche Wahrnehmungen suggeriert und mich immer wieder an meiner eigenen Körperwahrnehmung zweifeln lässt.

Dafür habe ich aber gelernt, nochmal hinzuschauen, wem ich die Macht geben will: Mir, meiner Wut, meiner Kontrolle? Wut kann so ein schöner Hinweisgeber für einen selbst sein. Fitness Tracker Ring ich danke dir.


Ich kann meinem Körper trauen. Aber nicht diesem Ding.

👉 Abbruch nach drei Wochen. Es war mir ein Fest – aber du wirst mich nicht weiter belügen.

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