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Warum du dich nicht reparieren kannst – und warum Selbstwahrnehmung der Schlüssel ist

Aktualisiert: 10. Feb.


glückliche springende Frau vor Sonnenuntergang am Wasser - sich selbst aushalten.



Du bist erfolgreich, rational, ein Problemlöser. Wenn etwas nicht funktioniert, analysierst du es, findest den Defekt und behebst ihn. Und du erwartest, dass das auch mit dir selbst funktioniert.


Das Problem ist nur: Menschen funktionieren nicht wie Maschinen.


Michael Bordt beschreibt es in seinem Buch „Die Kunst sich selbst auszuhalten“ treffend: „Unsere Lösungsstrategien, die wir meistens mit großem Erfolg bei technischen Problemen anwenden, lassen sich nicht auf Menschen übertragen.“

Das ist der Denkfehler. Dein Innenleben ist kein Algorithmus, den du optimieren kannst. Und dein Unwohlsein ist kein Software-Bug, den du einfach rauspatchen kannst.

1. Warum Selbstreflexion nicht reicht – und warum Selbstwahrnehmung der Schlüssel ist


Du kennst dich gut. Du verstehst deine Muster. Du analysierst deine Emotionen. Aber warum verändert sich dann trotzdem nichts?

Bordt macht eine klare Unterscheidung: Selbstreflexion ist nicht gleich Selbstwahrnehmung.

  • Selbstreflexion heißt: Du denkst über dich nach.

  • Selbstwahrnehmung heißt: Du spürst, was ist – ohne es zu bewerten oder sofort zu verändern.

Zitat Bordt: „Die Reflexion über unsere Emotionen führt nicht automatisch zu mehr innerer Freiheit.“

Reflektieren kannst du stundenlang. Aber solange du dich selbst nicht wahrnimmst, bleibst du in einer kognitiven Dauerschleife hängen – und wunderst dich, warum du dich trotz all deiner Erkenntnisse immer noch getrieben fühlst.

2. Die Angst, nicht mehr zu funktionieren


„Alles, was den reibungslosen Ablauf unseres Alltags gefährdet, gefährdet uns damit selbst.“

Genau hier liegt die Crux: Wer jahrelang auf Höchstleistung getrimmt ist, hat Angst davor, langsamer zu werden.

Denn was, wenn du dann nicht mehr so gut funktionierst wie vorher?

Das ist die eigentliche Angst. Nicht vor Veränderung – sondern davor, dass du nicht mehr reibungslos läufst. Dass du deinen Drive verlierst. Dass du stehen bleibst und feststellst: Das hier war gar nicht mein Leben.

Genau das passiert, wenn du dich mit To-do-Listen und Zielen betäubst: Du drehst dich immer schneller – aber kommst nicht wirklich irgendwo an.Wie Michael Bordt schreibt: „Spüren wir wirklich, dass es so richtig ist, wie wir leben?“

Diese Frage stellst du dir nicht in der Selbstreflexion. Sie taucht auf, wenn du aufhörst, dich selbst zu übertönen.


📌 „Es geht darum, in unserem Leben die Tiefe zuzulassen, ohne die unser Leben zunehmend verflacht oder – wenn Stress dazukommt – zu einem Hamsterrad wird.“ (Michael Bordt)


3. Selbstwahrnehmung statt Kontrolle – warum du deine Impulse aushalten musst


Der Reflex ist klar: Wenn sich eine unangenehme Emotion zeigt, willst du sie sofort loswerden.

Du willst sie verstehen, analysieren, erklären. Oder du willst sie einfach wegdrücken.


Und ich kenne das nur zu gut. Lange dachte ich, Aktionismus wäre einfach mein natürlicher Antrieb. Immer weitermachen, nie stillstehen – das war meine Stärke. Bis ich gemerkt habe: Es war auch ein Muster. Ein Weg, mich nicht wirklich aushalten zu müssen.


Bordts Sisyphos-Analogie: „Die Strafe der Götter, Tag aus, Tag ein ohne Sinn und Ziel dieselbe Tätigkeit verrichten zu müssen, ist die logische Konsequenz seines Versuchs, den Tod abzuschaffen.“


💡 Und genau das tun wir – immer wieder. Wir glauben, wenn wir nur noch härter arbeiten, noch besser kontrollieren, noch mehr optimieren, dann entkommen wir dem inneren Druck. Doch genau dieses Kontrollstreben ist die Schleife, die uns gefangen hält.


Selbstwahrnehmung bedeutet, diese Schleife zu durchbrechen – nicht durch mehr Kontrolle, sondern durch bewusstes Spüren.

Bordt sagt: „Es bedeutet, eine starke, unruhige, angespannte Körperreaktion wahrzunehmen – und sie auszuhalten.“

Das ist der Schlüssel. Nicht verändern. Nicht manipulieren. Nur wahrnehmen.

Und ja, das fühlt sich schmerzhaft an. Dein Körper rebelliert, dein Geist sucht nach einer schnellen Lösung.


Doch genau hier passiert der entscheidende Shift:

Zitat Bordt: „Wer bereit ist, diesen Zustand wahrzunehmen, ist währenddessen auch bereit, ihn auszuhalten.“

Das ist die Essenz von Selbstwahrnehmung.

4. Freiheit beginnt da, wo du den Handlungsimpuls aushältst


„Der Schlüssel zur Freiheit liegt darin, dem Handlungsimpuls nicht sofort zu folgen.“

Wenn dich eine E-Mail triggert, ist dein erster Impuls vielleicht, sofort zurückzuschießen. Nicht, weil es klug ist – sondern weil es die Spannung reduziert.

„Haben Sie die Spannung nicht ausgehalten, in die die E-Mail Sie versetzt hat?“

Genau darum geht es: Die innere Spannung auszuhalten, ohne sofort zu reagieren.

Denn die meisten Menschen reagieren nur, um sich kurzfristig besser zu fühlen – nicht, weil es die beste Entscheidung ist.

Selbstwahrnehmung heißt, den Impuls wahrzunehmen, aber nicht sofort nachzugeben.


5. Die große Illusion: Selbstbestimmung oder nur Anpassung?

Martin Heidegger beschreibt es als Modus des man:

Menschen glauben, sie führen ein individuelles Leben. In Wahrheit leben sie, wie „man“ eben lebt.

  • „Man“ macht Karriere.

  • „Man“ arbeitet hart.

  • „Man“ will noch erfolgreicher sein.

Und weil das „Man“ funktioniert, hinterfragt es niemand.

Doch dann beginnt die eigentliche Angst:

Bordt: „Wenn wir beginnen, uns so, wie wir sind, umfassend in den Blick zu nehmen, dann steigt die Angst in uns auf, dass wir nicht mehr ganz so gut funktionieren können wie vorher.“

Es ist nicht die Angst vor dem Umbruch. Es ist die Angst davor, nicht mehr in den alten Mustern mithalten zu können.

Doch tief drinnen ahnst du es längst:

„Menschliches Leben gewinnt seinen Reichtum durch Tiefe.“

Ein erfülltes Leben entsteht nicht durch ständiges Funktionieren, sondern durch Tiefe.


6. Die 3 Fragen zur echten Selbstwahrnehmung


Wenn du wirklich aus deinen Mustern aussteigen willst, stell dir nicht die üblichen Coaching-Fragen nach deinen Zielen und Erfolgen. Stell dir stattdessen diese drei Fragen von Bordt:

  1. Worauf bezieht sich mein Gefühl? (Was oder wer hat es ausgelöst?)

  2. Welche Emotion ist es? (Wut, Angst, Scham…?)

  3. Warum habe ich sie? (Welcher Wert steckt dahinter?)

Diese Fragen bringen dich raus aus dem Denken – und rein ins Fühlen.

Denn solange du dich nur selbst analysierst, bleibst du an der Oberfläche. Erst wenn du deine eigene Unruhe wirklich spürst, kommt die Transformation.

Fazit:


Deine innere Freiheit beginnt nicht damit, dass du dich noch besser verstehst. Sie beginnt da, wo du dich aushältst, ohne sofort einzugreifen.


Willst du weiter analysieren – oder endlich spüren?

 

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